5. Nachhaltige Integration und Bindung
Quellen:
- "Pflegewiki", Deutscher Bundesverband für Pflegeberufe (www.pflegewiki.de)
- Abraham H. Maslow: Motivation und Persönlichkeit. Reinbek, Rowohlt, 2002
- Ulich, Eberhard: Arbeitspsychologie. 6. Aufl. Stuttgart, Schöffer-Poeschel, 2005
- Interviews mit über 100 Pflegekräften (gelungene und misslungene Integration)
Für eine nachhaltige Integration von Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund ist es von zentraler Bedeutung, der sozialen und kulturellen Einbindung in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Wie wir mittlerweile aus der Motivationsforschung wissen, sind darüber hinaus existenzielle Sicherheit, soziale Kontakte, Anerkennung und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten entscheidend für Zufriedenheit und Arbeitsmotivation. Im Folgenden gehen wir näher auf diese auf Faktoren ein.
a. Welche Faktoren fördern eine nachhaltige Integration?
Die Bedürfnishierarchie nach Abraham Maslow in Verbindung mit der Motivator-Hygiene-Theorie nach Frederick Herzberg liefert einen ersten Überblick der zu berücksichtigenden Faktoren. Im Folgenden haben wir diese Bedürfnisstruktur in Bezug zur Situation einer zuwandernden Pflegekraft gestellt. Der Arbeitgeber kann sicher nicht auf das Befriedigen aller dieser Bedürfnisse hinreichend Einfluss nehmen. Dennoch spielt die betriebsseitige Unterstützung und das Schaffen von Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle dabei.
Sog. Hygienefaktoren sind Bedingungen deren Abwesenheit zu Unzufriedenheit und schließlich zum Abbruch der Integration führen. Sie sind folglich unbedingt notwendig und von Anfang an zu beachten.
- Physiologische Bedürfnisse
Gesundheit, sich mit gewünschten Nahrungsmitteln versorgen können, eine angemessene Schlaf- und Wohnsituation inkl. Rückzugsmöglichkeit - Sicherheitsbedürfnisse
finanzielle Sicherheit, sichere Arbeitsverhältnisse, Rechtssicherheit (Rechte und Pflichten kennen und sich darauf berufen können), sich in der Umgebung sicher fühlen - Soziale Bedürfnisse
Ein soziales Umfeld schaffen und/oder aus dem Herkunftsland nachholen (PartnerIn, Freunde, Familie), Austauschmöglichkeit, nette Mitmenschen und Kollegen, soziale Erwünschtheit erfahren
- Individualbedürfnisse
Wertschätzung und Anerkennung, Verantwortung, Erfolgserlebnisse, sich unabhängig und selbstständig im Alltag bewegen können, Freiheit, eigene Zielsetzungen verfolgen, Status - Selbstverwirklichung
Persönliche Entwicklung, berufliche Perspektive (auch spürbar durch steigende Verantwortung), eigene Ideen einbringen und umsetzen können
b. Was kann der Arbeitgeber/das betriebliche Umfeld zu einer gelungenen
Integration und langfristigen Bindung an das Unternehmen beitragen?
- Zur Unterstützung bei den alltäglichen Herausforderungen (z.B. Behörden- und Arztgänge, Einkäufe, Wohnungssuche, Vertragsangelegenheiten etc.) hat sich der Einsatz einer zweisprachigen Ansprechperson (sog. "Kümmerer") bewährt. Zusätzlich könten finanzielle Unterstützungen in Form von Kostenübernahmen, Darlehen oder Barvorschüssen in der schwierigen Anfangszeit für Sicherheit sorgen und Vertrauen aufbauen. Vor allem in den ersten Wochen erhöht dies die Wahrscheinlichkeit der Zufriedenheit hinsichtlich der o.g. Hygienefaktoren.
- Transparenz bei der Vertragsgestaltung und frühzeitige Erläuterung der Rahmenbedingungen (Arbeitsumfeld, Arbeitszeiten, Aufgaben etc.), Erwartungen und Anforderungen schaffen Sicherheit und bauen Vertrauen auf. Die Übersetzung aller wichtigen Unterlagen ist hierbei ebenso selbstverständlich wie die Unterstützung durch zweisprachige Vertrauenspersonen.
- Eine integrationsfördernde Führung der neuen Fachkräfte sorgt für Orientierung und Wertschätzung. Insbesondere die direkten Führungskräfte haben die Möglichkeit, auf den Bedürfnisstufen 3, 4 und 5 zu Zufriedenheit beizutragen. Dazu gehören z.B. regelmäßige Feedbackgespräche, Zielvereinbarungen mit ansteigender Verantwortung (persönlicher Entwicklungsplan), Teamentwicklung, Fortbildungsangebote etc.
c. Welche vertragliche Gestaltung ist hilfreich für eine längerfristige Bindung?
- Ein unbefristeter Arbeitsvertrag gibt Sicherheit und ermöglicht die Entwicklung persönlicher Perspektiven in Deutschland.
- Der vertraglich zugesicherte Einsatz als vollwertige Pflegekraft direkt nach Anerkennung der Qualifikation motiviert in der schwierigen, entbehrungsreichen Einarbeitungszeit und spornt zum zügigen Spracherwerb an.
- Eine Vertragsklausel, die bei Kündigung durch den Mitarbeiter vor dem Ablauf von zwei Jahren eine Rückzahlung der Ausbildungskosten beinhaltet, sichert den Arbeitgeber finanziell in gewissem Maße ab. Zugleich verdeutlicht und untermauert solche Vereinbarung das gegenseitige, partnerschaftliche Verständnis einer Win-Win-Situation.